Nelkenwurz
Echte Nelkenwurz, Märzwurzel, Heil-aller-Welt, Mannskraftwurzel, Benediktenwurz, Stadtbenedikte, Igelkraut, Weinwurzel, Wilder Sanikel, Waldklette, Hasenauge
Die Nelkenwurz ist eine ausdauernde krautige Pflanze aus der Familie der Rosengewächse (Rosaceae). Sie ist in Europa, Teilen Afrikas und Asiens heimisch und wächst ursprünglich auf nährstoffeichen Böden an Waldrändern, Gräben, Zäunen und in Gebüschen. Weit verbreitet wächst sie auch gern im Schatten von Mauern und in der Umgebung von Siedlungen. Aus einem 5 bis 7 cm langen und bis 2 cm dicken Wurzelstock, der angenehm nach Gewürznelken riecht, entwickelt sich zunächst eine Blattrosette mit langgestielten Grundblättern. Aus deren Mitte wachsen verzweigte Stängel, die bis zu 60 cm hoch werden. Die unregelmäßig gefiederten Stängelblätter, die nach oben hin kleiner werden, stehen gegenständig am Stängel und umschließen ihn fast. Die kleinen, hellgelben fünfzähligen Blüten stehen aufrecht auf den Stielen. Sie sind von fünf grünen, breit dreieckigen und außen behaarten Kelchblättern umgeben. Bereits kurz nach dem Aufblühen fallen die Kronblätter ab. Die Blüten können zwittrig, männlich oder weiblich sein. Sie werden nur spärlich von Insekten besucht. Bei den zwittrigen Blüten reifen Griffel und Narbe vor den männlichen Staubbeuteln.
Steckbrief
- Pflanzenfamilie: Rosengewächse Rosaceae
- Anwendungsbereich: Durchfall, Zahnfleischentzündungen
- Blütenfarbe: gelb
- Giftigkeit: ungiftig
- Lebensdauer: ausdauernd
Blütezeit
Mai bis Oktober
Aus den Blüten entwickelt sich köpfchenartige Fruchtstände, bei denen die einzelnen Früchtchen mit Haken versehen sind. Diese bleiben oftmals am Fell von Tieren hängen und werden an anderer Stelle wieder abgestreift.
Verwendete Pflanzenteile
Der getrocknete Wurzelstock, das getrocknete Kraut
Inhaltsstoffe
Ätherisches Öl Eugenol (Hauptbestandteil des Gewürznelkenöls), Gerbstoffe, Bitterstoffe, Stärke
Heilwirkung
Nelkenwurz wird fast ausschließlich in der Volksheilkunde genutzt. Auf Grund des Gerbstoffgehalts wirken Wurzel und Kraut entzündungshemmend, adstringierend und stopfend und werden innerlich bei Verdauungsbeschwerden und Durchfall eingesetzt, äußerlich als Gurgelmittel bei Hals-, Schleimhaut- und Zahnfleischentzündungen und als Badezusatz bei Hämorrhoiden. Die Bitterstoffe können bei Stoffwechselstörungen helfen. In der Kosmetikindustrie wird Nelkenwurz gelegentlich für Mundwasser oder Zahnpasta genutzt. Das ätherische Öl Eugenol wirkt entzündungshemmend, schmerzstillend, und antibakteriell. Es ist in der Gewürznelke enthalten, aber auch die heimische Nelkenwurz enthält Eugenol. Kurzfristig kann das Kauen auf der Wurzel bei Zahnschmerzen helfen.
Nebenwirkungen
Nelkenwurz ist wegen möglicher Schleimhautreizung nicht zum Dauergebrauch geeignet.
Geschichtliches
Der Gattungsname „geuein“ = „schmecken, würzen“ ist griechischer Herkunft und weist auf den aromatischen Duft der Wurzel hin. Der lateinische Artname „urbanus“ = „städtisch“ beschreibt den bevorzugten Standort der Pflanze. Die Bezeichnung „Benediktenwurz“ („benedictus“ = gesegnet) erklärt die frühere Wertschätzung der Pflanze. Zugleich weist dieser Name auch auf den Hl. Benedikt (480 – 547) hin, dessen Gedenktag auf den 21.März (Frühlingsanfang, Tag- und Nachtgleiche) fällt. Von ihm nahm man an, dass er die Kraft habe, mit Kräutern, die ihm geweiht waren, für die Ausleitung von Giften sorgen zu können. Auch die Nelkenwurz wird als Benediktenwurz zu diesen Pflanzen gerechnet. Deshalb wurde sie in den Klostergärten angebaut und auch zu Kräuterschnaps und Likör verarbeitet.
Wegen des nelkenartigen Dufts wurde die gemahlene Wurzel in manchen Gegenden als Ersatz für Gewürznelken verwendet. Die Wurzel wurde gegen Mundgeruch gekaut. Dem Bier zugesetzt, verlieh sie diesem einen lieblichen Geschmack und verhütete ein schnelles Sauerwerden. Auch zum Aromatisieren von Wein wurde die Wurzel verwendet.
Plinius nutzte den Wurzelstock als Arznei gegen Brustbeschwerden, Hildegard von Bingen sah die Pflanze als Aphrodisiakum an und glaubte, dass die „Benedicta“ die Brust in Liebe entflammen könnte. Auch der Wein würde mit Nelkenwurz einen lieblicheren Geschmack annehmen. Im Mittelalter wurde die Pflanze vielseitig genutzt. Lonicerus behandelte u.a. Gelbsucht, Koliken und Leberverstopfung mit dem Kraut. Über lange Zeit hielt sich auch die Meinung, dass das Kraut bei Schlaganfall zu nutzen sei.
Auf Grund des Dufts wurden der Nelkenwurz auch zauberkräftige Wirkungen zugesprochen. Man glaubte, dass die Pflanze die Fähigkeit habe, alle Dämonen zu vertreiben, denn wo sich die Wurzel sich im Haus befindet, hat der Teufel keine Macht. Zur Stärkung der Manneskraft wurde die Wurzel als Amulett um den Hals getragen. In früheren Zeiten war der Hexenglaube weit verbreitet. Überwiegend Frauen wurden verdächtigt, das Wetter zu manipulieren, das Vieh zu verhexen oder Krankheiten anzuzaubern. Dagegen versuchte man sich mit Malefiz-Pulver (Maleficium = Missetat, Verbrechen, Frevel) zu schützen, das aus der getrockneten und pulverisierten Nelkenwurz-Wurzel hergestellt wurde. Für den Schutz war es üblich, aus dem Pulver mit Schmalz (oder Butter) und Eiweiß eine Masse zuzubereiten und zu essen oder das Pulver mit Wein aufgekocht zu trinken. Kindern wurde das Pulver unter den Brei gerührt. Bei äußeren Schäden wurde das Pulver mit Schmalz vermischt auf die betroffene Stelle geschmiert. Malefiz-Pulver unter dem Kopfkissen sollte vor bösen Träumen bewahren. Im Haus aufgehängt sollte die Wurzel jeglichen Schaden abwenden.

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