Gerste
Garste, Gerstel, Gerschtn
Die Gerste gehört zu den Süßgräsern (Poaceae). Sie ist eine der ältesten Kulturpflanzen und wurde bereits vor etwa 10 000 Jahren aus der Wildgerste (Hordeum spontaneum) kultiviert. Ursprünglich stammt sie aus Vorderasien.
Gerste ist ein Dunkelkeimer und kann sich gut an die klimatischen Bedingungen anpassen. Daher gedeiht sie in fast allen Klimazonen der Erde, verträgt Trockenheit und Frost bis -15° und sogar salzhaltige Böden. Sie bevorzugt sommerkühles Klima und fruchtbare, mäßig trockene Böden. Gerste wächst auf kurzen, aufrechten Halmen. Die parallelnervigen Blätter sind wechselständig angeordnet. Am Ende jedes Stängels bildet sich ein ähriger Blütenstand, der ohne Grannen gemessen, 6 bis 12 cm erreicht. Die Körner sind von Spelzen umgeben, die mit ihnen fest verwachsen sind. Sie laufen in die 8 bis 15 cm langen und mit kleinen Widerhaken besetzten Grannen aus. Vor der Verwendung der Körner müssen die Spelzen erst aufwendig entfernt werden. Aus diesem Grund wurde die Nacktgerste gezüchtet. Gerste kommt in zwei- oder mehrzeiligen Formen vor. Bei den zweizeiligen Sorten entwickelt sich an jeder Ansatzstelle nur ein Korn, bei mehrzeiligen können drei Körner je Ansatzstelle wachsen, die sich aber schwächer entwickeln.
Sommergerste wird im Frühjahr ausgesät. Überwiegend wird sie als Braugerste angebaut und zur Herstellung von Bier, Malzkaffee und Whisky genutzt. Die Körner enthalten viel Stärke und wenig Protein. Der niedrige Proteingehalt ist beim Brauen erwünscht, weil es sonst zu einer Trübung des Bieres kommen könnte. Wintergerste wird im September ausgesät und hat deshalb eine längere Vegetationszeit. Sie liefert höhere Erträge als die Sommergerste und wird vorwiegend als eiweißreiches Tierfutter genutzt. Neuere Sorten mit höherem Eiweißgehalt und mehr Ballaststoffen werden für die menschliche Ernährung angebaut.
Bei Reife des Korns neigen sich die Ähren. Die Getreideernte in Deutschland beginnt immer mit der von Gerste, weil sie von den bei uns angebauten Getreidearten die kürzeste Wachstumszeit hat. Das Gerstenstroh ist für Tiere nur bedingt zu gebrauchen, weil Reste von Grannen bei empfindlichen Tieren (z.B. Pferde) die Atemwege reizen können.
Steckbrief
- Pflanzenfamilie: Süßgräser Poaceae
- Anwendungsbereich: Cholesterinspiegels, Blutzuckerspiegels
- Giftigkeit: ungiftig
- Lebensdauer: einjährig oder zweijährig
Verwendete Pflanzenteile
Gerste wird zu Mehl, Flocken, Graupen und Grütze verarbeitet, auch zur Herstellung von Malz bei der Bierproduktion und zu Whisky. Nacktgerste gilt als vollwertiger, weil die Körner nicht entspelzt werden müssen und die mineralstoffreichen Randschichten erhalten bleiben.
Das frische Grün der Halme kann als Gerstengras verzehrt werden.
Das Mehl schmeckt süßlich und weist eine schleimige Konsistenz auf.
Gerstengrütze besteht aus den enthülsten, geschälten und geschroteten Körnern.
Graupen, auch Kälberzähne genannt, sind Gerstenkörner, deren Frucht- und Samenschale durch Polieren entfernt wurde.
Gerstenmalz wird zur Herstellung von Bier benötigt. Dafür werden die Körner der Braugerste bei 15° C. zum Keimen gebracht (Grünmalz). Nach der Trocknung wird daraus Braunmalz. Bei Industriebackwaren wird Gerstenmalz zur Dunkelfärbung von Brot verwendet, um bei den Verbrauchern den Eindruck von gesundem Vollkornbrot zu erwecken. Malzkaffee ist ein koffeinfreies Kaffeeersatzgetränk (Kathreiner Kneipp Malzkaffee, Caro-Malzkaffee).
Gerstenwasser (Tisane), bei dem die Körner lange gekocht werden müssen, aber nur die Flüssigkeit getrunken wird, war bis ins 19. Jahrhundert ein oft verordnetes Getränk für kranke und schwache Menschen. Königin Elisabeth von England hat dieses Getränk regelmäßig zu sich genommen.
Inhaltsstoffe
Kohlenhydrate, 57% Stärke, Ballaststoffe, 9 bis 16% Eiweiß, Schleimstoffe, Fett, Kieselsäure, Kalzium, Kalium, Magnesium, Vitamine B1, B2, B3, B6 und E, wenig Gluten, Folsäure
Heilwirkung
Gerstenkörner enthalten nur wenig Gluten und werden als Brotgetreide nicht genutzt. Wegen seiner guten Backeigenschaften wird der Weizen bevorzugt. Die Gerstenkörner sind ein aufbauendes Nahrungsmittel, das vor allem körperlich schwachen Menschen verabreicht wird. Sie sind leicht verdaulich und spenden schnell Energie. Beim Kochen bildet Gerste Schleim, der bei entzündlichen Erkrankungen der Mundhöhle und des Verdauungstrakts eine schützende Schicht über die Schleimhäute legt. Äußerlich kann Gerstenschleim bei schmerzenden, entzündeten Gelenken, bei Gicht und entzündlichen Hauterkrankungen helfen. Die Kieselsäure wirkt stabilisierend auf Knochen, Knorpel, Haare und Nägel und stärkt das Bindegewebe.
Nach neueren Studien kann das Beta-Glucan der Gerstenkleie den Cholesterinwert senken, weil es Gallensäure bindet, die über den Verdauungstrakt ausgeschieden wird. Das LDL-Cholesterin wird abgefangen, das HDL-Cholesterin aber nicht beeinträchtigt. Beta-Glucan stärkt die guten Darmbakterien und wirkt dem Darmkrebsrisiko entgegen.
Die frischen Halme von ausgesäten Körnern lassen sich – wenn sie 10 cm hoch sind - als Gerstengras abschneiden. Dieses zählt als eines der wertvollsten Lebensmittel der Welt, weil es viele Vitamine, Mineralien und Spurenelemente enthält. Untersucht wird noch, ob Wirkungen bei der Prävention von Tumorerkrankungen (Haut- und Brustkrebs), bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen und der Vermeidung von Herzerkrankungen und Schlaganfall zu verzeichnen sind. Getrocknet ist es in Kapseln zu kaufen. Die gekeimten Körner können als Sprossen über Salate oder in die Suppe gegeben werden.
Malzbier wird aus Gerstenmalz, Hopfenextrakt und Hefe hergestellt. Es regt die Produktion von Magensaft an und fördert den Appetit.
Nebenwirkungen
Obwohl Gerste nur wenig Gluten enthält, sollte bei einer Unverträglichkeit auf Gluten auf den Verzehr von Gerstenprodukten verzichtet werden.
Geschichtliches
Der Anbau von Gerste als Nahrungsmittel lässt sich bis in die Jungsteinzeit zurückverfolgen. Auch bei den Ägyptern und Israeliten wurde Gerste als Nahrungspflanze angebaut. Im antiken Griechenland war Gerste die bevorzugte Speise der Kämpfer und Philosophen, die Römer hingegen nutzten die Gerste als Viehfutter und bevorzugten den Weizen. Erst im Mittelalter setzte sich hierzulande der Anbau von Roggen durch.
Eine Analyse von 6000 Jahre alten Gerstenkörnern hat ergeben, dass diese sich über die Zeit genetisch kaum verändert haben, während „moderner“ Weizen genetisch stark vom Weizen früherer Zeiten abweicht.

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